Franz Hesselberger (1876-1935) war von 1929 bis 1933 Gründungsmitglied des RC München.

Hesselberger war der Sohn des deutsch-jüdischen Unternehmers Julius Hesselberger, der in München seit 1869 gemeinsam mit seinem Bruder Isidor einen Leder- und Lederwarenhandel erfolgreich aufgebaut hatte. Seit den 1890er Jahren wurden in einer eigenen Fabrik auch zunehmend Tierhäute im industriellen Maßstab gegerbt und zu Lederprodukten verarbeitet, sodass sich das Unternehmen bis zum Ersten Weltkrieg zu einem vorbildlichen Münchner Großbetrieb entwickelte.

Hesselberger trat 1895 nach dem Abitur in die väterliche Firma ein, wurde staatlich vereidigter Sachverständiger für Loh- und Rotgerberei und war nach dem Tod seines Vaters 1904 maßgeblich für den weiteren Ausbau des Unternehmens verantwortlich. 1908 heiratete er Ilse Wertheim, die aus einer Frankfurter Industriellenfamilie stammte. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Heinz (1910-1935) und Gertraud (1913-2012). Die Familie Hesselberger erwarb im Laufe der Jahre zahlreiche Grundstücke in München und pachtete den Glasbauernhof in Sauerlach, wo Franz als passionierter Jäger mit seiner Familie regelmäßig die Ferien verbrachte. Im Januar 1918 wurde Hesselberger zum Kommerzienrat ernannt. Vor den gewaltsamen Auseinandersetzungen während der Revolutionswirren nach dem Ersten Weltkrieg flüchtete die Familie aus München. Im Sommer 1921 wurde Franz Hesselberger bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt und erholte sich von den Verletzungen nur langsam.

Im November 1928 gehörte Hesselberger zu den Gründungsmitgliedern des RC München. Er hielt Mitte Januar 1930 einen Vortrag über die Entwicklung der deutschen Lederindustrie, galt aber insgesamt als „ein regelmäßiger, jedoch unauffälliger, ruhiger Rotarier“ (Heckelmann). Angesichts des zunehmenden Einflusses der NSDAP in München, auch der Nähe ihrer Parteizentrale, des „Braunen Hauses“, zu ihrem Wohnsitz, entschloss sich die Familie, das Gut in Sauerlach zu kaufen und dort zu wohnen. Hesselberger besuchte weiterhin die Meetings des RC und wird von der pauschalen Entlassung von fünfzehn Rotariern aus dem Club Anfang April 1933, die auch ihn betraf, auch menschlich enttäuscht gewesen sein.

Zwei Jahre später starb Hesselberger – vermutlich an den Folgen des Autounfalls – mit nur 59 Jahren in der israelitischen Privatklinik „Krankenheim“ in München. Das Familienunternehmen, das in der Weltwirtschaftskrise bereits gelitten hatte, wurde nach seinem Tod nicht mehr weitergeführt; hier richtete die israelische Gemeinde Lehrwerkstätten ein. Wenige Monate nach seinem Vater verstarb der Sohn 1935 bei einem Badeunfall in Portugal. Ilse Hesselberger erreichte durch erpresste hohe Geldzahlungen für ihre Tochter Gertraud die Erlaubnis zur Auswanderung über Mailand und Rotterdam nach New York. Dort verstarb diese 2012 im Alter von 98 Jahren. Ilse selbst wurde trotz aller Auswanderungsbemühungen und Zahlungen im November 1941 ins litauische Kaunas deportiert und dort wenige Tage später ermordet. Ein von ihrer Tochter noch beschafftes Visum nach Kuba kam zu spät.

© empfohlene Zitierweise: Hermann Schäfer / Oliver Werner, „Franz Hesselberger“, in: Rotary unter dem Nationalsozialismus. Digitales Gedenkbuch diskriminierter Rotarier [Onlinefassung Stand Juli 2021]; URL: https://memorial-rotary.de/members/1054

Kommerzienrat Franz Hesselberger